„Politik agiert ohne Weitsicht“: Schaumburger DRK-Chef übt deutliche Kritik an Planung für Booster-Impfungen

„Politik agiert ohne Weitsicht“: Schaumburger DRK-Chef übt deutliche Kritik an Planung für Booster-Impfungen
(Die Auffrisch-Impfung gegen das Corona-Virus wird aktuell vielerorts verteilt - wenn auch in langsamem Tempo. Dass es nicht schneller vorangeht, liege an einer kurzsichtigen Planung, kritisiert der Schaumburger DRK-Geschäftsführer Thomas Hoffmann. Ein Problem: die Schließung des Impfzentrums. Hausärzte allein könnten der Lage nicht gerecht werden.
Landkreis. In Schaumburg leben rund 30.000 über 70-Jährige und circa 20.000 Menschen, die zwischen 60 und 70 Jahre alt sind. In dieser Altersgruppe liege eine sehr hohe Impfquote vor und es sei damit zu rechnen, dass die meisten davon auch die Auffrischungsimpfung wahrnehmen werden, sagt DRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Hoffmann. Kann der Landkreis das leisten?
Zwar gebe es aktuell nur eine Empfehlung der Ständigen Impfkomission (Stiko) für Auffrischungsimpfungen für über 70-Jährige. Allerdings lasse die vom Bundesgesundheitsministerium erlassene Corona-Impfverordnung die sogenannten Booster-Impfungen nach sechs Monaten für alle über 18-Jährigen zu. „Des Weiteren rechnen wir damit, dass die Stiko in den nächsten Wochen analog der Empfehlung zur Grippeschutzimpfung auch die Auffrischungsimpfung für alle über 60-Jährigen empfiehlt“, so Hoffmann. Dazu kämen noch die Impfungen von Menschen, die mit Johnson&Johnson geimpft wurden, Genesenen und anderen bisher nicht Geimpften, die jetzt geimpft werden möchten.
Grundsätzlich sollten mit der Schließung der Impfzentren zum 30. September die Covid-19-Impfungen wieder im hausärztlichen Regelsystem stattfinden. Das Land Niedersachsen hat sich zusätzlich entschlossen, mit dem Konzept der Mobilen Impfteams die Hausärzte da zu unterstützen, wo diese an ihre Grenzen kommen. „Da Schaumburg ein von der Bevölkerungsstruktur überalterter Landkreis ist und auch etliche Hausarztstellen nicht besetzt sind, ist damit zu rechnen, dass das hausärztliche Regelsystem zumindest in Schaumburg dieser Lage nicht gerecht werden kann“, schätzt Hoffmann.
Ähnlich sieht es Dr. Ingolf Kunze, ärztlicher Leiter der Mobilen Impfteams: „Aufgrund der zahlreichen Informationen in den Medien über Impfdurchbrüche und Booster-Impfungen ist die Nachfrage bei uns Hausärzten in den letzten Tagen stark angestiegen und es ist ein richtiger Druck entstanden.“ Er gehe aber davon aus, dass trotz eventueller Engpässe in Hausarztpraxen alle Impfwilligen eine Booster-Impfung erhalten können, wenn Patienten die mobilen Impfteams nutzen.
Mobile Impfteams kommen nicht an Effizienz des Impfzentrums heran
Mit dem Impfzentrum in Stadthagen „haben wir eine zum Impfen optimale Lokation verloren, mit der es sehr leicht gewesen wäre, die Anforderungen der Auffrischungsimpfungen sicherzustellen“, so Hoffmann. Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt die Wiedereröffnung der Impfzentren fordert, deren Schließung er maßgeblich eingeleitet habe, zeige wieder einmal, „dass die Politik hier ohne Weitsicht agiert hat, beziehungsweise sich von Lobbyisten falsch beraten lassen hat“.
Dass die Auffrischungsimpfungen zumindest bei den Älteren und Immunsupprimierten notwendig werden, sei auch schon im Sommer bekannt gewesen. Das Impfzentrum Schaumburg ist jetzt vollständig rückgebaut, das sei nun mal eine Tatsache.
Mit den Impfteams könne dezentral und somit wohnortnah geimpft werden, sofern geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Da diese allerdings täglich neu auf- und abgebaut werden müssen, seien sie bei Weitem nicht so effizient wie ein Impfzentrum. Ob die beiden Impfteams ausreichen, um die hausärztliche Lücke zu schließen, werde sich zeigen. Eine Aufstockung auf drei Teams sei möglich. „Aktuell verzeichnen wir täglich 200 bis 400 Buchungen für Impftermine.“
Das DRK sucht noch Impfberechtigte, die die Impfteams ein bis drei Tage die Woche unterstützen möchten. Interessierte können sich per E-Mail an job@drk-schaumburg.de oder unter Telefon (05724) 9726012 melden.
veröffentlicht am 04.11.2021 | Von Mira Colic | sn-online.de