,,Ihr werdet gebraucht!“
Eröffnung der Jugendhilfe des Deutschen Roten Kreuzes / Eine Bleibe für 19 minderjährige Flüchtlinge

Aus: Landeszeitung Online vom 15 Juli 2016
RINTELN. Toastbrot mit Nuss-Nougat-Creme und Cornflakes zum Frühstück, nach Lutz Fabricius’ Deutschkurs zum Volleyballspielen in die Prince Rupert School und abends Fußball-EM gucken. Ach ja, und zwischendurch natürlich Staubsaugen, Tisch decken, abwaschen und auch mal zum Arzt. Der Alltag der neun „neuen Nachbarn“ von der Rotkreuz-Jugendhilfein der Droste-Hülshoff-Straße klingt so wenig spektakulär wie wahrscheinlich der normale Tagesablauf der meisten Nordstadt bewohner um sie herum. Sieben Jungs aus Afghanistan, einer aus Syrien, einer aus Ägypten – sie alle sind aus Kriegs-und Krisengebieten geflohen und ohne Familie und Verwandte in Deutschland gelandet. Wie es wirklich in ihnen aussieht, das werden die DRK-Sozial- und Diplom-Heilpädagogen, die Heilerziehungspfleger und auch die deutschen Nachbarn vielleicht nieerfahren. Vielleicht aber auch doch –, wenn sehr, sehr viel Vertrauen aufgebaut ist.
Mehr als die Hälfte der weltweit 65 Millionen Flüchtlinge ist noch keine 18 Jahre alt. Neun dieser jungen Menschen, alle im Alter zwischen 14 und fast 18 Jahren, haben nun in Rinteln eine Zuflucht gefunden, eine Zuflucht, die ein Zuhause sein soll, ein Zuhause mit eigenem Zimmer, mit Privatsphäre und festem sozialen Gefüge.
Tanja Hageleit („Wir suchen noch einen schönen Namen für unsere Einrichtung“) und Peter Stallmann, die diese Einrichtung gemeinsam leiten, haben kürzlich Nachbarn und interessierte Rintelner eingeladen, sich das eine der beiden Doppelhäuser, die,wie berichtet, zu Zeiten des British Military Hospital von Engländern bewohnt waren und heute der bundeseigenen BIMA gehören, anzuschauen. Gekommen sind zu diesem „Tag der offenen Tür“ (die Türen des Hauses stehen eigentlich fast immeroffen) auch die Vize-Präsidentin des DRK-Kreisverbandes, Elke Klos, Vizepräsident Bernhard Schäfer und der Geschäftsführer des Schaumburger Roten Kreuzes, Thomas Hoffmann.
„Der DRK-Kreisverband Schaumburg hat mit der Eröffnung dieser Jugendhilfe-Einrichtung fremdes Terrain betreten“, sagte Hoffmann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Aber die Jugendhilfeeinrichtungen sind gefordert, sich etwas einfallen zu lassen. Das Deutsche Rote Kreuz steigt deshalb dort mit ein. Wir entlasten damit andere Jugendhilfe-Träger. Und wir verfügen inzwischen über so viel Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit, dass wir uns das auch zutrauen.“
Die Schaumburger DRK-Vizepräsidentin sprach mit Blick auf die neue Einrichtung von einem Glücksfall. „Wir können den Jugendlichen zwar Familie und Heimat nicht ersetzen, aber wir können sie willkommen heißen“, sagte Klos. In Gesprächen mit den Nachbarn habe sie nur positive Reaktionen gehört. Bernhard Schäfer zeigte sich gegenüber unserer Zeitung erfreut über den guten Zustand, in dem das DRK die beiden Doppelhäuser übernehmen konnte. „Die Umgebung ist schön, und den Gartenhinterm Haus können die jungen Leute auch für sich nutzen.“ Das zweite Haus, das direkt neben dem ersten steht, soll übrigens am 1. August in Betrieb gehen. Dann zieht auch in dieses seit Langem leer stehende Gebäude wieder Leben ein, und die „neuen Nachbarn“ von heute sind vielleicht gar nicht mehr so neu.